Außerschulische mathematische Lernorte in Sachsen-Anhalt

Außerschulische Lernorte und ihre Notwendigkeit

Unter einem außerschulischen Lernort versteht man wörtlich genommen einen Ort außerhalb des üblichen Schulbetriebs bzw. Schulgeländes, der von Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Unterrichts zum anschaulichen Lernen besucht wird. Außerhalb es üblichen Schulbetriebs bedeutet dabei, dass keine Orte gemeint sind, die die Schülerinnen und Schüler ohnehin regelmäßig während des Unterrichts aufsuchen wie z.B. eine Schwimmhalle im Sportunterricht.
Unterscheiden lassen sich dabei verschiedene Arten von Lernorten [Salzmann (2007)]: "Primäre Lernorte" sind genau zum Zwecke des Lernens eingerichtet worden also didaktisch gestaltete Lernorte, wie zum Beispiel Museen und Zoos, demgegenüber sind sogenannte "sekundäre Lernorte" durchaus auch Orte, an denen gelernt werden kann, sie dienen hauptsächlich aber anderen Aufgaben, wie zum Beispiel Betriebe und Parkanlagen. Während im alltäglichen Schulunterricht das Lernen im Allgemeinen ganz gezielt simplifiziert gestaltet wird, zeigen derartige außerschulische Lernorte die Komplexität der realen Umwelt. Dadurch ist es den Schülerinnen und Schülern möglich, die in der Schule erworbenen Kompetenzen anzuwenden, zu erweitern und zu vertiefen sowie durch anwendungsnahes und selbstgesteuertes Lernen auch neue Kompetenzen zu erwerben. Dies ist in Sachsen-Anhalt in letzter Zeit in den Fokus der neuen Fachlernpläne gerückt. Dabei stehen Kompetenzerwerb und Bildung Seite an Seite.

Die Notwendigkeit von außerschulischen Lernorten erschließt sich prinzipiell aus verschiedenen Blickwinkeln, von denen einige nachfolgend kurz dargestellt sind:
  1. Zum einen zeigen derartige Lernorte (wie gesagt) die Komplexität unserer realen Umwelt. Während im Biologieunterricht durchaus einzelne Pflanzen und Tiere behandelt (beschrieben) werden können, können die Schülerinnen und Schüler im Wald direkt das Zusammenspiel von Flora und Fauna erleben. Und während im Physikunterricht zwar der Motor unterrichtet wird, kann im Gegensatz dazu in einer Kfz-Werkstatt auch das dadurch angetriebene Auto erkundet werden.
  2. Zum anderen regen außerschulische Lernorte durch ihren nicht-schulischen Charakter die Schülerinnen und Schüler zum kreativen Lernen an, bei dem sie vom alltäglichen Leistungsdruck befreit auf spielerische Weise lernen und für Forschung und Technik begeistert werden können. Dies zeigt unter anderem auch die „Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Stärkung der mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Bildung“ [KMK (2009)]. Dort wird unter anderem gefordert: „Begeisterung für naturwissenschaftliche Phänomene erzeugen und den Forschergeist der Kinder und Jugendlichen fördern (z.B. Kinderakademie, Lernen an außerschulischen Lernorten, Nutzung von Schülerlaboren)“.
  3. Hinzu kommt, dass in großen Teilen Deutschlands die Kinder heutzutage kaum noch einen direkten Zugang zu Natur, Umwelt und Technik haben. Die Beobachtung von Tieren und das Sammeln von Kräutern oder Steinen sowie die Beobachtung des Wechsels der Jahreszeiten in der Natur entfällt häufig insbesondere für Stadtkinder. Aber auch produzierende Betriebe kennen die meisten Kinder nur noch als Blackbox. Außerschulische Lernorte können helfen, derartige Defizite auszugleichen.
Aufgrund der Erkenntnis des Bedarfs an außerschulischen Lernorten, welche über den klassischen Wandertag hinausgehen, hat gerade in den vergangenen Jahren die Anzahl der Publikationen, die sich mit Theorie und Praxis außerschulischen Lernens beschäftigen stark zugenommen, vgl. u.a. [Sauerborn, Brühne (2012), Schulte (2013), Bovelli, Fuchs, Rempfler, Sommer Häller (2014), Karpa, Lübbecke, Adam (2015)].

Besonders wichtig ist hierbei stets die besonnene Auswahl des Lernortes, damit die gestellten Lernziele auch erreicht werden. Zur Unterstützung hat der Didacta Verband eV Kriterien zur Qualitätssicherung herausgegeben. Demnach zeichnet sich ein guter außerschulischer Lernort durch folgende Kriterien aus [Didacta]:
  • Er hat ein Bildungskonzept mit didaktischer und methodischer Umsetzung.
  • Er gestaltet Lernarrangements, schafft originale Begegnungen und ermöglicht Primä-rerfahrungen, kurz: "Lernen mit allen Sinnen".
  • Er ist wissenschaftlich vernetzt.
  • Er beschäftigt geschultes Personal.
  • Er regt zu Interaktion und/oder eigenem Handeln an und fördert und erweitert so die Handlungskompetenz der Besucher.
  • Er bietet Möglichkeiten zur Vor- und Nachbereitung der Exkursion.
  • Er bietet umfassende Beratung von Gruppen vor der Exkursion.
  • Er sichert die Qualität seines Personals durch kontinuierliche, verbindliche Schulungs- und Entwicklungsmaßnahmen und deren Dokumentation.
  • Er verpflichtet sich zur Evaluation/Selbstevaluation.
Es ist leicht ersichtlich, dass sich diese Kriterien auf primäre Lernorte beziehen.


Außerschulische Lernorte in MINT-Fächern in Sachsen-Anhalt

Generell bietet das Land Sachsen-Anhalt eine ganze Reihe unterschiedlicher außerschulischer Lernorte. Auf dem Bildungsserver des Landes [LISA] unterscheidet man zwischen:
  • Gedenkstätten,
  • Museen,
  • Ökoschulen,
  • Planetarien,
  • Schülerlabore,
  • Schullandheime,
  • Jugendwaldheime,
  • Umwelt-Lernorte,
  • Welterbe-Orten sowie
  • Das Junior Science Café.
Bei näherem Hinsehen stellt man jedoch fest, dass es sich bei dieser Liste jedoch ausschließlich um didaktisch aufbereitete Lernorte handelt, die zum Teil aktiv vom Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) betreut werden. Allerdings lassen sich auch diese primären Lernorte noch weiter einteilen:
  1. Insbesondere sind Gedenkstätten und Museen für die breite Öffentlichkeit angelegt. Das Lernen erfolgt dort klassischerweise zumeist eher passiv durch Betrachten und Erklärt bekommen. Allerdings nimmt die Zahl der Museen zu, welche interaktive Ausstellungen anbieten, wie zum Beispiel der Jahrtausendturm in Magdeburg [MVMG], in dem die meisten Exponate zum Anfassen und Ausprobieren gedacht sind, wie z.B. eine Archimedische Schraube mit Tretrad, Teleskope, aber auch spezielle mathematische Exponate und Sonderausstellungen, bei denen Schülerinnen und Schüler beispielswiese Minimalflächen erkunden können, indem sie sich in Seifenblasen stellen, Codes knacken, sowie Flächen und Volumina spielerisch erkunden können.
  2. Andererseits sind zum Beispiel spezielle Schülerlabore dazu eingerichtet worden, de-ren Fokus direkt auf außerschulischem Lernen liegt. So sind in „Na Los! Netzwerk außerschulische Lernorte - Schülerlabore Sachsen-Anhalt“ [NaLos] speziell außer-schulische Lernorte zusammengefasst, welche ganz gezielt das Interesse von Schüle-rinnen und Schülern an MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) wecken sollen wie in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1. Übersicht über naturwissenschaftlich orientierte Schülerlabore in Sachsen-Anhalt [NaLos, LISA].
SchülerlaborTrägerSchwerpunkte
Chemie zum AnfassenVerein Sachzeugen der Chemischen Industrie e.V. und Hochschule MerseburgBiochemie, Chemie, Naturwissenschaften, MINT, Technik
Grünes Labor GaterslebenVerein zur Förderung des Schülerlabors „Grünes Labor Gatersleben“ e.V.Biologie, Biotechnologie, Pflanzenbiotechnologie
Lehrpfad Elektrotechnik und InformationstechnikOtto-von-Guericke-Universität MagdeburgElektrotechnik, Informatik, Physik, Medizintechnik
HaSP - Halles Schülerlabor für PhysikMartin-Luther-Universität Halle-WittenbergPhysik
"Lernen durch Lehren" im Fachgebiet ChemieMartin-Luther-Universität Halle-WittenbergChemie
Schülerlabor im "Biozentrum Weinberg Campus"Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergBiochemie, Biologie, Chemie, Pharmazie
Schülerpraktikum "Verfahrenstechnik und Technische Kybernetik"Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Kooperation mit der Otto-von-Guericke-Universität MagdeburgBiologie, Physik, Biotechnologie, Chemie, Kybernetik, Verfahrenstechnik
Schülerprojektraum Guerickianum MagdeburgOtto-von-Guericke-Gesellschaft e.V.Physik
Schülerlabor "ABI Lab"Technologie- und Gründerzentrum Bitterfeld-Wolfen GmbHBiologie, Chemie, Physik
Schülerlabor "Ökostation Neugattersleben"Ökostation NeugatterslebenÖkologie, Umweltwissenschaften
SchüLaTech - ein außerschulisches technisches BildungsangebotOtto-von-Guericke-Universität MagdeburgTechnik

Dabei erscheint allerdings sowohl in der obigen Liste des Bildungsservers des Landes als auch in Tabelle 1 die Anzahl primärer, mathematischer Lernorte generell eher gering zu sein.
Allerdings werden in Sachsen-Anhalt fächerübergreifend auch regelmäßig an unterschiedlichen Standorten die „Lange Nacht der Wissenschaft“ durchgeführt, in der die Universitäten und Hochschulen, aber auch Forschungsinstituten, Museen und Schulen des Landes ihre Türen und Labore öffnen, wobei dabei auch speziell in Bezug auf die Mathematik mathematische Filme, Vorträge und Mitmach-Aktionen organisiert werden. Außerdem findet an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg einmal jährlich der „Magdeburger Mathenachtstraum“ statt, in dessen Rahmen aktuelle und faszinierende mathematische Vorträge gehalten werden, die Neugierde auf mehr machen sollen.
Darüber hinaus gibt es in Sachsen-Anhalt aber auch einen explizit primären mathematischen außerschulischen Lernort: Die Experimente-Werkstatt Mathematik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg [MLU] ermöglicht es seit 2008 Schülerinnen und Schülern an mehr als 50 Stationen Mathematik selbst experimentell zu entdecken und an mathematischen Workshops, die regelmäßig stattfinden, aber auch extra für Schulklassen organisiert werden, teilzunehmen.
Damit ist die Mathematik in Sachsen-Anhalt bezüglich primärer außerschulischer Lernorte sehr spärlich vertreten. Allerdings gibt es neben der Experimente-Werkstatt Mathematik zumindest mathematisch orientierte:
  • Korrespondenzzirkel zur Begabtenförderung,
  • Kreisarbeitsgemeinschaften,
  • Spezialistenlager,
  • Landesseminare und
  • Olympiaden.


Ideensammlung zu außerschulischen, mathematischen Lernorten

Auf Grund der oben genannten Wichtigkeit außerschulischer Lernorte insbesondere zum Erwerb und zur Weiterentwicklung von Kompetenzen zu nutzen sowie um die Schülerinnen und Schüler für mathematische Sachverhalte zu begeistern, ist es jedoch trotz des erwähnten Mangels an primären Lernorten von großer Bedeutung, außerschulische Lernorte auch im Mathematikunterricht aufzusuchen. Daher wurden nachfolgend in Tabelle 2 mögliche sekundäre außerschulische Lernorte zu verschiedenen Themengebieten, welche im Mathematikunterricht am Gymnasium unterrichtet werden, zusammengestellt. Dabei ist es natürlich sehr wichtig, dass die Lehrerin bzw. der Lehrer den außerschulischen Lernort passend zum zu behandelnden Kompetenzschwerpunkt auswählen. Und es stellt sich natürlich stets die Frage, ob und welcher außerschulische Lernort zum Lernthema überhaupt passend ist und insbesondere welchen Informations- und Kompetenzgewinn man erwartet oder erhofft. Der Besuch sollte dabei nie Selbstzweck sein und als purer Ausflug d.h. Freizeit verstanden werden: Das Vermitteln von angewandtem Wissen steht immer im Fokus.

Tabelle 2. Übersicht über mögliche sekundäre außerschulische Lernorte zu verschiedenen Themengebieten im Mathematikunterricht am Gymnasium im Einklang mit dem Fachlehrplan in Sachsen-Anhalt [Kultusministerium Sachsen-Anhalt (2015)].
JahrgangKompetenzschwerpunkt
Thema
außerschulischer Lernort
dortige Möglichkeiten
5/6 Brüche
  • Brüche als Teile von Ganzen angeben und veranschaulichen
  • Anteile von Zahlen und Größen ermitteln
  • speziellen Brüchen prozentuale Angaben zuordnen
Bäckerei/Konditorei
  • Rezepte bzw. Mengen (Mehl, Zucker, Eier, etc.) skalieren
  • Kuchen teilen
  Größen
  • Grundprinzip des Messens, insbesondere bei der Längen-, Flächen- und Volumenmessung nutzen
  • Messungen in der Umwelt vornehmen
  • zweckmäßige Einheiten erkennen und verwenden
Park/Wald
  • Längen von Wegen, Brücken etc. sowie Flächen vermessen und in sinnvollen Einheiten angeben
  Gebrochene Zahlen
  • gebrochene Zahlen vergleichen und ordnen
  • Überschlagsrechnungen durchführen
  • Rechenvorteile am Beispiel formulieren und nutzen
Kaufhaus
  • Preise & Mengen vergleichen
  • Warenwert vom Einkaufskorb überschlägig bestimmen
  Geometrische Grundbegriffe und Abbildungen
  • Lagebeziehungen von Geraden erkennen und beschreiben
  • Abstände ermitteln und zueinander parallele Geraden mit vorgegebenen Abständen zeichnen
  • zueinander senkrechte Geraden zeichnen
  • Lot von einem Punkt auf eine Gerade fällen
  • Winkel messen, zeichnen und bezeichnen
Schulgarten/Gärtnerei
  • Beete ausmessen
  • Beete und Wege mit gegebenen Größenabmessungen anlegen
  • Betrachtung von nicht-rechteckigen Beeten
  Umfang, Flächeninhalt und Volumen
  • Umfang und Flächeninhalt durch Messen und Auslegen ermitteln
  • Begriffe „Umfang" und „Flächeninhalt" am Beispiel erklären
  • Umfang und Flächeninhalt von Rechtecken berechnen
Fliesenleger
  • Flächen mit unterschiedlich großen Fliesen auslegen, messen und berechnen
  • Bodenleisten vermessen und berechnen
  Erfassen, Darstellen und Auswerten von Daten
  • Datenerhebungen planen
  • Daten systematisch erfassen, tabellarisch und grafisch darstellen
Straße
  • Verkehrsteilnehmer (z.B. LKWs, PKWs, Radfahrer, Fußgänger) systematisch erfassen und auswerten
7/8 Prozentrechnung
  • Prozentwerte, Grundwerte und Prozentsätze ermitteln
  • Prozentrechnung (einschließlich Zinsrechnung) in Sachbezügen anwenden
  • Daten, insbesondere Prozentsätze, in geeigneten Diagrammen darstellen und Diagramme auswerten
Bank
  • Zinsberechnungen für Sparen (unterschiedliche Modelle) und Kredite
  Kreise
  • Kreise zeichnen und bezeichnen
  • Lagebeziehungen zwischen Kreisen und Geraden beschreiben
  • Tangenten an einen Kreis in einem Punkt konstruieren
Atelier
  • Gestaltung von Kunstwerken aus Kreisen und Geraden
  • Gestaltung von Schrift
  Körperdarstellung
  • Realobjekte mithilfe geometrischer Begriffe beschreiben
  • Prismen, Pyramiden, Kreiszylinder als Netz darstellen
  • Prismen, Pyramiden, Kreiszylinder und Kegel als Zweitafelbild darstellen
Museum, Mineralogische Abteilung
  • Beschreibung und Darstellung von Kristallen und atomaren Gittern
  Ähnlichkeit
  • maßstäbliche Angaben und Streckenverhältnisse anwenden
  • zueinander ähnliche Figuren durch zentrische Streckung konstruieren
Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt
  • Landkarten deuten
  • Strecken ausmessen
  • Teile von Karten skalieren
  Lineare Funktionen
  • Zusammenhänge in der Mathematik und im Alltag als Funktionen identifizieren
  • Funktionen mithilfe verschiedener Darstellungsformen beschreiben
  • funktionale Zusammenhänge, die durch lineare Funktionen modelliert werden können, identifizieren
  • lineare Funktionen grafisch darstellen
Natur
  • Zusammenhänge zwischen Weg und Zeit bei Bewegungen messen, auswerten und darstellen (z.B. Fliessgeschwindigkeit eines Bachs, Laufgeschwindigkeit von Schülern)
  Zufällige Ereignisse, Häufigkeiten, Wahrscheinlichkeiten
  • Zufallsversuche planen, durchführen und durch Angabe von Ergebnismengen beschreiben
  • Daten unter Verwendung von Häufigkeiten auswerten
  • relative Häufigkeiten als Schätzwerte von Wahrscheinlichkeiten nutzen
Sportplatz
  • Weitsprung, Kugelstoßen und 100 Meter-Lauf als Zufallsversuche betrachten und auswerten
9 Trigonometrie
  • trigonometrische Beziehungen an rechtwinkligen Dreiecken anwenden
  • Stücke in geometrischen Figuren mit maßstäblicher Konstruktion ermitteln
  • Seitenlängen, Winkelgrößen und Flächeninhalte von Dreiecken berechnen
Straßen/Wege/Auffahrten
  • Anstiege von verschiedenen Wegen, Straßen und/oder Rampen (z.B. für Rollstuhlfahrer) etc. in Seitenansicht als rechtwinklige Dreiecke erfassen und berechnen
  Quadratische Gleichungen und quadratische Funktionen
  • quadratische Gleichungen bzw. quadratische Funktionen identifizieren
  • Eigenschaften quadratischer Funktionen ermitteln und beschreiben
  • Einfluss von Parametern auf Lage und Form der Graphen quadratischer Funktionen untersuchen und beschreiben
Turm
  • Zusammenhänge zwischen Weg und Zeit bei Bewegungen messen und auswerten (z.B. Freier Fall, rollender Fußball auf schiefer Ebene wie Auffahrt)
  Häufigkeitsverteilungen
  • Ergebnisse statistischer Untersuchungen in Form von Häufigkeitsverteilungen darstellen
  • Daten durch Klasseneinteilungen strukturieren und darstellen
  • Klasseneinteilungen auf Angemessenheit beurteilen
Produktionsbetrieb
  • Untersuchung der Verteilung von Größen oder Massen von Produkten, z.B. wieviel wiegen abgepackte Beutel mit 1kg Äpfel wirklich
10 Funktionsklassen
  • Eigenschaften von Potenz- und Wurzelfunktionen sowie von Exponential- und Logarithmusfunktionen ermitteln und beschreiben sowie Zusammenhänge unter dem Aspekt von zueinander inversen Funktionen herstellen
  • Wachstumsprozesse untersuchen sowie lineares und exponentielles Wachstum erkennen
Labor
  • Vermehrung von Bakterien messen und analysieren
  Vektoren
  • Vektoren als Pfeilklassen identifizieren
  • Beträge von Vektoren berechnen
  • Rechenoperationen mit Vektoren ausführen und Eigenschaften der Rechenoperationen begründen
  • Vektoren auf lineare Abhängigkeit oder lineare Unabhängigkeit untersuchen
Reisebüro
  • Reiserouten auf (ebenen) Landkarten planen, berechnen und auswerten z.B. für die nächste Klassenfahrt
11/12 Grundlagen der Infinitesimalrechnung
  • Verhalten von Funktionen bei Annäherung an eine Stelle untersuchen
  • Funktionen an einer Stelle linear approximieren
  • Differenzenquotient und Differentialquotient in Sachzusammenhängen als mittlere und lokale Änderungsrate sowie geometrisch deuten
  • Ableitung einer Funktion an einer Stelle als lokale Änderungsrate und geometrisch als Tangentenanstieg interpretieren
Skisprunganlage/Achterbahn
  • Verlauf der Sprungschanze bzw. Achterbahn als Funktionen beschreiben
  • insbesondere den Anstieg in Abhängigkeit vom Ort analysieren und interpretieren
  Geraden und Ebenen
  • Geraden im Raum durch Parametergleichungen beschreiben
  • Ebenen durch Parameter-, Normalen- und Koordinatengleichungen beschreiben
  • gegenseitige Lage von Punkten, Geraden und Ebenen untersuchen und Schnittmengen analytisch beschreiben
  • Gradmaß von Winkeln zwischen Geraden und Ebenen ermitteln
Architektenbüro
  • Planung von Gebäuden und Räumen als Zusammenspiel von Ebenen (Wände, Decken, Fußböden), Geraden (Kanten) und Punkte (Zimmerecken)
  Kreise
  • Vektor- und Koordinatengleichungen für Kreise in der Ebene aufstellen und aus Kreisgleichungen Koordinaten des Mittelpunktes und den Radius ermitteln
  • Tangenten an einen Kreis, auch von einem Punkt außerhalb des Kreises, durch Parameter- und Koordinaten Gleichungen beschreiben
Straßenplanung
  • Planung eines Kreisverkehrs
  Binomialverteilung
  • Zufallsgrößen als binomialverteilt erkennen und deren Parameter angeben
  • Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen, die durch binomialverteilte Zufallsgrößen beschrieben werden können, ermitteln
  • Kenngrößen binomialverteilter Zufallsgrößen berechnen und interpretieren
Kasino/Spielezimmer
  • Glücksspiele als Zufallsexperimente erkennen und analysieren
  • zugehörige Kenngrößen ermitteln und deuten
  • auf Gefahren hinweisen (Spielsucht)

Der stets wiederkehrende (und in Tabelle 2 nicht aufgeführte) Hinweis im Fachlehrplan [Kultusministerium Sachsen-Anhalt (2015)], inner- und außermathematische Anwendungsaufgaben zu nutzen, ist direkt an die Definition des Begriffs mathematische Kompetenz von Niss (2003) gekoppelt, der „Mathematische Kompetenz als Fähigkeiten in einer Vielfalt inner- und außermathematischer Kontexte und Situationen, in denen Mathematik eine Rolle spielt oder spielen könnte, mathematisch zu handeln (zu verstehen, zu entscheiden und zu denken)“ beschreibt.
Natürlich sollen außerschulische Lernorte nicht als Selbstzweck eingesetzt werden. Sie können den normalen Schulunterricht nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen, wenn der entsprechende außerschulische Unterricht richtig vorbereitet und hinterher auch ausgewertet wird. Dabei können in den realen Situationen nicht nur mathematische Kompetenzen erworben werden, sondern vielmehr auch soziale Kompetenzen im Umgang mit den Mitschülern zum Beispiel durch Gruppenarbeit aber auch im Umgang mit sich selbst. Außerdem können je nach Situation ganz nebenbei auch Probleme angesprochen werden, die so nicht Teil des normalen Schulunterrichts sind, wie zum Beispiel in der Bäckerei/Konditorei gesunde Ernährung diskutiert werden kann, im Labor Grippeschutz etc. diskutiert werden kann und im Kasino/Spielezimmer Spielsucht diskutiert werden kann.
Dabei ist in vielen Fällen auch ein fächerübergreifender Unterricht möglich, wenn zum Beispiel auf dem Sportplatz Weitsprung, Kugelstoßen und 100 Meter-Lauf als Zufallsversuche betrachtet werden oder es im Atelier um die Gestaltung von Kunst und Schrift mittels Geraden und Kreisen geht.
Darüber hinaus eröffnen derartige Besuche von außerschulischen Lernorten den Schülerinnen und Schülern Kontakte in die Arbeitswelt und zeigen mögliche Zukunftsperspektiven.

Selbst wenn der Besuch von außerschulischen Lernorten nicht immer möglich ist, so können die Ideen aus Tabelle 2 durchaus auch zu einem gewissen Maße in der Schule selbst umgesetzt werden: Zum Beispiel im Schuljahrgang 5/6 könnte zum Thema "Umfang, Flächeninhalt und Volumen" auch ein Fliesenleger eingeladen werden, so dass für eine eventuelle Neugestaltung des Klassenzimmers auch vor Ort Flächen mit unterschiedlich großen Fliesen ausgelegt, vermessen und berechnet werden können.

Und mit großen Schülergruppen?

In Anbetracht der Tatsache, dass die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse in Sachsen-Anhalt auf maximal 29 festgelegt ist, kommt es durchaus häufig vor, dass man es im Unterricht mit relativ großen Schülergruppen zu tun hat. Dies ist beim Besuch einiger Lernorte kein Problem, wie z.B. bei der Erfassung von Verkehrsteilnehmern (z.B. LKWs, PKWs, Radfahrer, Fußgänger) auf der Straße im Jahrgang 5/6, was auch mit der Verkehrserziehung gekoppelt werden kann.
Andererseits wird eine große Schülergruppe gerade beim Besuch von Firmen, Betrieben, Instituten etc. von Lehrerinnen und Lehrern oft als problematisch beschrieben. Ziel aktueller Untersuchungen ist es daher herauszufinden, wie der Besuch von außerschulischen Lernorten auch mit großen Schülergruppen erfolgreich durchgeführt werden kann.

Literatur
  • Bovelli, D.; Fuchs, K.; Rempfler, A.; Sommer Häller, B. (2014): Ausserschulische Lernorte - Impulse aus der Praxis; Lit Verlag
  • Karpa, D.; Lübbecke, G.; Adam, B. (2015): Außerschulische Lernorte: Theorie, Praxis und Erforschung außerschulischer Lerngelegenheiten (Theorie und Praxis der Schulpädagogik); Prolog-Verlag
  • KMK (2009): http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2009/2009_05_07-Empf-MINT.pdf
  • Kultusministerium Sachsen-Anhalt: Fachlehrplan Gymnasium/Fachgymnasium Mathematik vom 9.2.2015; https://www.bildung-lsa.de/lehrplaene___rahmenrichtlinien/gymnasium_/lehrplan_mathematik.html
  • LISA: https://www.bildung-lsa.de/themen/ausserschulische_lernorte.html
  • MLU: http://didaktik.mathematik.uni-halle.de/schuelerseite/experimente-werkstatt_mathe/
  • MVMG: Messe- und Veranstaltungsgesellschaft Magdeburg GmbH (MVGM); http://www.jahrtausendturm-magdeburg.de/
  • NaLos: https://www.bildung-und-begabung.de/begabungslotse/datenbank/bildungseinrichtungen/schuelerlabor-netzwerk-na-los
  • Niss, M. (2003): Mathematical Competencies and the Learning of Mathematics: The Danish KOM Project
  • Salzmann, Ch. (2007): Lehren und Lernen in außerschulischen Lernorten, in: Kahlert, Joachim/ Fölling-Albers, Maria/ Götz, Margarete/ Hartiner, Andreas/ von Reeken, Dietmar/ Wittkowske, Steffen (Hrsg.): Handbuch Didaktik des Sachunterrichts, Bad Heilbrunn, S. 433-438
  • Sauerborn, P.; Brühne, Th. (2012): Didaktik des außerschulischen Lernens; Verlag Schneider Hohengehren
  • Schulte, A. (2013): Jeder Ort - überall!: Didaktik außerschulischer Lernorte; Calwer Verlag
Links auf Funktionsfähigkeit überprüft am: 13.12.2016

Kontakt:

PD Dr. Dana Zöllner
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Fakultät für Naturwissenschaften
G16-146
email: dana.zoellner@ovgu.de
phone: +49-(0)391-67-51894
fax: +49-(0)391-67-18108


erstellt am 15.04.2016


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