Wozu brauche ich das?

Motive versus Motivation

Die Begriffe "Motiv" und "Motivation" treffen wir im täglichen Leben häufig an - sei es, dass jemand sagt, er hätte überhaupt keine Motivation etwas zu tun (also "null Bock") oder bei Fragen nach dem Motiv von Tätern z.B. bei Überfällen. Allerdings sind beide Begriffe auch im Bereich der Psychologie und der Unterrichtsgestaltung von großer Bedeutung, was die Frage aufwirft, was wir als Lehrende konkret darunter verstehen.
Ein Motiv ist eine Persönlichkeitseigenschaft, die als zeitlich relativ stabil betrachtet werden kann. Sie gibt an, wie wichtig einer Person eine ganz bestimmte Art von Zielen ist. Motive repräsentieren kognitiv all die Erfahrungen, die im Leben im Zusammenhang mit Bedürfnissen gemacht wurden. Dazu gehören insbesondere Handlungsmöglichkeiten und deren Folgen. Dies geschieht nicht zwingend notwendig auf der bewussten Ebene.
Der Begriff Motiv ist daher eng mit den Konzepten "Trieb", "Bedürfnis" oder auch "Interesse" verwandt. Entsprechend viele verschiedene Motive existieren, von denen hier nur einige aufgezählt werden sollen:
  • der kognitive Trieb beschreibt den Wunsch nach Wissen und Verstehen
  • das Leistungsmotiv beschreibt den Wunsch nach Steigerung der eigenen Kompetenz oder zumindest Bewahrung des eigenen Leistungsniveaus
  • das Machtmotiv beschreibt das persönliche Geltungsbedürfnis und den Wunsch, andere zu übertreffen, ja zu dominieren
  • das Selbstverwirklichungsmotiv beschreibt den Wunsch nach Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit
  • das Beziehungsmotiv dagegen beschreibt beschreibt eher den Wunsch nach Anerkennung, Zuneigung und Zugehörigkeit
Dies zeigt schon, dass sich die einzelnen Motive natürlich keinesfalls ausschließen. Insbesondere der Wunsch nach Anerkennung und Zuneigung und der Wunsch nach Selbstständigkeit sind zwei in uns Menschen natürlich vorkommende Triebe, auch wenn sie in jedem von uns unterschiedlich ausgeprägt sind.

Im Gegensatz dazu bezeichnet Motivation einen aktuellen Prozess, welcher durch eine situationsbezogene Anregung des (zeitlich stabile) Motives in einem konkreten Zusammenhang ausgelöst wird. Zech (2002) bezeichnet Motivation im Unterricht als einen "Lernanstoß". Dieser kann von "innen" (als intrinsische Motivation bezeichnet) oder von "außen" (als extrinsische Motivation bezeichnet) kommen. Intrinsische Motivation wird auch als "für sich selbst lernen" oder "aus sich selbst heraus lernen" bezeichnet. Dies wäre natürlich der wünschenswerteste Idealfall: alle Schüler sind aus sich selbst heraus zum Lernen motiviert. Da dies aber wohl kaum immer zutrifft, ist es von besonders großer Bedeutung, die intrinsische Motivation der Schüler zu erhöhen und die Schüler auch extrinsisch zu motivieren, um erfolgreich unterrichten zu können.
Die Rolle der Bedeutung hat Emminger (2010) wie folgt zusammengefasst: "Um diese intrinsische Motivation der Schüler im Unterricht zu erhöhen, ist es für den Lehrer wichtig, dass er den Lernenden deutlich macht, was, warum und wie etwas erreicht werden sollte. Dies schafft die Lehrkraft, indem die Schüler in die methodischen Vorüberlegungen des Lehrers mit einbezogen werden. Die Begründung des unterrichtlichen Vorgehens führt dazu, dass die Schüler das Gefühl der Beachtung erhalten. Außerdem lernen die Schüler effektiver, wenn sie auf manche Dinge explizit aufmerksam gemacht werden und genannt wird, warum gerade jetzt gerade das gemacht wird.
Bei der extrinsischen Motivation handelt es sich um von Dritten, wie beispielsweise der Lehrkraft, vorgegebenen Zielvorgaben, um die Lernenden zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren. Die typischen Beispiele aus der Schule sind die Motivation durch Noten, Belohnungen etc.. Die extrinsische Motivation führt in diesen Fällen dazu, dass die intrinsische Motivation erhöht wird. Allerdings muss man als Lehrkraft aufpassen, dass die extrinsische Motivation nicht zu extrem ist, denn dies kann negative Auswirkungen auf die intrinsische Motivation haben."


Arten der Motivation

Generell ist es daher stets eines der wichtigsten Ziele im Unterricht, die Schüler dazu zu motivieren, lernen zu wollen. Dies kann auf die unterschiedlichsten Arten geschehen, wie die nachfolgende Übersicht zeigt:
  • Leistungsmotivation: kann durch Zielorientierung, Erfolgserlebnisse, Rückmeldung und Lernkontrollen, aber auch durch reizvolle Aufgaben mittleren oder hohen Schwierigkeitsgrades erfolgen
  • Soziale Motivation: kann durch Lob und Tadel, durch Wettbewerb oder Zusammenarbeit sowie durch Zuwendung vom Lehrer und Vorbild durch den Lehrer erfolgen
  • Motivation durch Nützlichkeitswert: im Sinne der Bedeutung, die ein Thema für das spätere Leben hat
  • Strukturelle Motivation: kann durch ein inherentes Interesse an Ordnung oder auch durch Neugierde wachgerufen werden
  • Ästhetische Motivation: soll das Interesse an Schönem und Elegantem wecken
  • Motivation durch Diskrepanz: kann durch Überraschungen, Wechsel, Komplizierung von Sachverhalten, aber auch durch Ungewissheit, Konflikte oder Verfremdung erfolgen
Die dargestellte Reihenfolge bedeutet natürlich in keinster Weise eine Wertung bezüglich der Wichtigkeit der einzelnen Motivationsmöglichkeiten!

Konkret bedeutet dies den vielfältigen Einsatz von z.B.
  • Knobelaufgaben oder Spielen,
  • schönen Zeichnungen oder Bildern,
  • aktuellem Lernmaterial,
  • Experimenten,
  • historischen Bezügen,
  • Differenzierung,
  • fantasievollen Einkleidungen und/oder
  • der Anerkennung der Lernfortschritte der Schüler sowie
  • Nutzung kooperativer Lernformen.



Beispiele der Motivation im Mathematikunterricht am Gymnasium

Die Nachfolgende Übersicht von Ideen bezieht sich konkret auf den Mathematikunterricht an Gymnasien in Sachsen-Anhalt, ist aber natürlich darüberhinaus einsetzbar.
Die Tabelle wurde und wird fortlaufend ergänzt. Bei konkreten Wünschen zu den genannten Arbeitsmaterialien kontaktieren Sie mich gerne unter der unten aufgeführten Emailadresse.

Klasse 5
StoffgebietInhalteMotivation/Arbeitsmaterial
Natürliche Zahlen (25) Stellenwerttafel
Addition/Subtraktion
Multiplikation
Primzahlen
Teilbarkeit
Römische Zahlen
Basteln aus Grundschule
Kassenzettel
Mathe-Song DorFuchs*
Sieb des Eratosthenes
Rätsel
Truhe mit Zahlenschloss
Gleichungen und Ungleichungen (10) Inhaltliches Lösen Waage, Arbeit mit Streichhölzern
Gemeine Brüche und Dezimalbrüche (25) Brüche Musik (Notenwerte als Bruchteile), Domino erstellen
Größen (20) Längenmessung
Umwandeln von Einheiten
Längen, Flächen, Volumina
Alte Längenmaße
Füllen von Gefäßen
Schüler unterrichten Schüler
Geometrische Grundbegriffe und Abbildungen (25) Winkel
Symmetrie
Koordinatensystem
Zollstock zur Veranschaulichung
Verkehrszeichen untersuchen
"Schiffe versenken"
Winkelbeziehungen (10) Scheiten- und Nebenwinkel Modelleisenbahn: Weichen


Klasse 6
StoffgebietInhalteMotivation/Arbeitsmaterial
Gebrochene Zahlen (30) Bruch: Dezimalzahlen
Brüche addieren
Periodenlänge
Pizza, Torte, Schokolade
Mathe-Song DorFuchs
Perioden ohne Ende?
Umfang Flächeninhalt und Volumen (25) Modelle Körpernetze, Würfel aus Briefumschlag basteln
Dreiecke (25) Innenwinkelsatz
Konstruktionsbeschreibungen
Besondere Linien: Höhe
Papierfalten
mit GeoGebra: Beschreibungen vorgeben
mit GeoGebra konstruieren
Vierecke (20) Arten von Vierecken
Figuren zeichnen
Flächen auslegen
Basteln mit Trinkröhrchen und Knete
"Haus vom Nikolaus" in einem Zuge
Parkettieren
Zuordnung und Proportionalität (10) Zuordnungen
Proportionalitäten
Verschlüsseln, Morsen
Durchmesser - Münzumfang - abrollen, Papierformate
Erfassen, Darstellen und Auswerten von Daten (10) Diagramme Statistische Erhebungen im Sportunterricht, Auswertung mit Excel
Kenngrößen von Daten (10) Arithmetisches Mittel
Modalwert, Median, Spannbreite
Tabellen, Diagramme
Größenvergleich Jungs und Mädchen
Wer trägt mehr im Rucksack?
manipulierter Würfel


Klasse 7
StoffgebietInhalteMotivation/Arbeitsmaterial
Prozentrechnung (20) Prozente
Zinsen, Zinseszins
aktuelles Material aus Zeitung
Sparkasse, Bank
Rationale Zahlen, Quadratwurzel (20) Koordinatensystem mit vier Quadranten
Vergleichen, Ordnen
KS als Puzzle zerschneiden
Wetterbericht der Woche
Gleichungen, Ungleichungen (20) Gleichungen, Ungleichungen Streichhölzer legen, Waage im Gleichgewicht?
Kreise (20) Definition Kreis
Einführung von Pi
Kreisfläche
Sätze am Kreis
Schnur als Radius
mit Monte-Carlo-Methode simulieren
Dartscheibe
Möndchen des Hippokrates
Körperdarstellung Körper
Zylinder
Kegel
Pyramide
Platonische Körper
Einkaufsbeutel "blind" untersuchen
Dosen
Eistüte "basteln"
ägyptische Pyramiden in verschiedenen Ansichten
Eulerscher Polyedersatz
Zufällige Ereignisse, Häufigkeit, Wahrscheinlichkeit (10) Zufällige Ereignisse
Häufigkeit
Wahrscheinlichkeit
Würfelspiele
Glücksrad, Lose ziehen
Wetten


Klasse 8
StoffgebietInhalteMotivation/Arbeitsmaterial
Arbeiten mit Variablen (20) Termstruktur
Binomische Formeln
Bruchterme
Rechenbäume
Mathe-Song DorFuchs
Parallelschaltung
Ähnlichkeit (15) Zentrische Streckung
Strahlensatz
dehnbares Gummiband
Lochkamera
Satzgruppe des Pythagoras (20) Pythagoras
Umkehrung
Fußballfeld abstecken, Zahlentripel
Knotenschnur
Lineare Funktionen (25) Darstellung im Koordinatensystem
Anwendung
Strom- oder Wasserrechnung
Handyrechnung, Fließgeschwindigkeit Fluß
Körperberechnung (15) Volumen einer Pyramide Faktor 1/3 nachweisen mittels dreier Pyramiden
Mehrstufige Zufallsversuche (10) Wahrscheinlichekeit Lernvideo einsetzen


Klasse 9
StoffgebietInhalteMotivation/Arbeitsmaterial
Arbeiten mit Variablen, Potenzen und Logarithmen (20) Potenzen
Logarithmen
Dominospiel erstellen
Logarithmuspapier
Trigonometrie (20) Begriffe Silbenrätsel
Quadratische Gleichungen und Funktionen (30) Funktionen Dominospiel erstellen, Zuordnung Graph - Funktion
Häufigkeitsverteilungen (10) Häufigkeitsverteilung Verkehrszählung


Klasse 10
StoffgebietInhalteMotivation/Arbeitsmaterial
Winkelfunktionen (17) Wiederholung
Sinusfunktion darstellen
Periodizität
Arbeiten an Stationen
Kerze mit Papier umwickeln und schräg aufschneiden
Fadenpendel
Potenz- und Wurzelfunktionen (20)    
Exponential- und Logarithmusfunktionen (15) Exponentialfunktion
Logarithmusfunktion
Falten von Papier bis zum Mond
Rechenstab
Zufallsgrößen (20)    
Vektoren (40) räumliches Koordinatensystem KS basteln


Klasse 11/12
StoffgebietInhalteMotivation/Arbeitsmaterial
Grundlagen der Infinitesimalrechnung (30) Verhalten von Funktionen bei Annäherung an eine Stelle Verlauf der Sprungschanze
Differentialrechnung (40) Ableitungen
Extremwertaufgaben
Dominospiel erstellen
Schachteln basteln, Einsatz von GeoGebra
Integralrechnung (30) Rotationsvolumen "Eikurve": Ei in Scheiben schneiden und berechnen
Geraden und Ebenen (30) Lagebeziehung: Geraden Planung von Gebäuden und Räumen
Kreise (20) Tangenten an einen Kreis Planung eines Kreisverkehrs
Bedingte Wahrscheinlichkeit (15) Bedingte Wahrscheinlichkeit Lernvideo einsetzen
Binomialverteilung (20) Wiederholung der Stabilisierung der rel. Häufigkeit Galton-Brett, Spielshow mit drei Türen (nur ein Gewinn)
Beurteilende Statistik (25)    



Zusammenfassung

In Anbetracht der Wichtigkeit, die Schüler dazu zu motivieren, lernen zu wollen, ist es empfehlenswert, dass sich gerade jüngere Lehrerinnen und Lehrer einen Ideenpool anlegen, aus dem sie dann für unterschiedliche Inhalte aber auch für verschiedene Klassensituationen ganz angepasst selbst schöpfen können aber auch Ideen an Kollegen weiterreichen können.
Die obige Übersicht ist keinesfalls endgültig oder vollständig sondern wird ständig aktualisiert. Bei Fragen, Ideen oder konkreten Wünschen zu den genannten Arbeitsmaterialien kontaktieren Sie mich gerne unter der unten aufgeführten Emailadresse.


Literatur
  • DorFuchs. https://www.youtube.com/user/DorFuchs
  • S. Emminger. Motivation im Mathematikunterricht, Fachdidaktik Mathematik, Universität Konstanz Fachbereich Mathematik und Statistik, 2010.
  • F. Zech. Grundkurs Mathematikdidaktik, Weinheim, 2002, S. 182.
Links auf Funktionsfähigkeit überprüft am: 13.12.2016


Kontakt:

PD Dr. Dana Zöllner
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Fakultät für Naturwissenschaften
G16-146
email: dana.zoellner@ovgu.de
phone: +49-(0)391-67-51894
fax: +49-(0)391-67-18108


zuletzt aktualisiert am 18.10.2016


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